Trends bei Hochfrequenz-Leiterplatten

Satellitengestütztes Internet und 5G Netz sind aktuell zwei große Schlagworte im Zusammenhang mit dem globalen Trend zur Digitalisierung. Im Detail finden beispielsweise für das autonome Fahren und Fliegen oder bei der künstlichen Intelligenz Entwicklungen statt, um neue Anwendungen nutzbar zu machen. Auch die Elektronik-Hardware ist herausgefordert, die zunehmende Datendichte sicher zu übertragen. Diese Artikel behandelt das Thema Signalintegrität in der Digitaltechnik, also die Übertragung von impedanzbehafteten Signalen unter Vermeidung signifikanter Verluste durch Dämpfung oder Verzerrung.  Zudem werden Beispiele der höherfrequenten drahtlosen Kommunikationstechnik vorgestellt.

Signalintegrität in der Digitaltechnik: Die Impedanz

Um grundlegend zu verstehen, warum bei höheren Frequenzen die Strukturen auf Leiterplatten genauer zu planen sind, sehen wir uns die grundlegenden Abläufe bei einer elektrischen Signalübertragung an.

Ein Leiter, der Wechselstrom oder Stromimpulse überträgt, ist nicht nur ein Stück Metall, das den Strom leitet. Durch den sich ändernden Strom wird ein sich änderndes Magnetfeld um den Leiter herum erzeugt. Dieses Magnetfeld wirkt wiederum auf den Stromfluss zurück. Der Leiter besitzt also eine Induktivität L. Damit ist jeder gerade Leiter quasi eine Luftspule mit 0 Windungen.

Gleichzeitig befinden sich Leiter immer in der Nähe anderer Leiter. Sobald diese unterschiedliche Ladungen aufweisen, bildet sich ein elektrisches Feld zwischen ihnen aus. Die Leiter sind kapazitiv gekoppelt und bilden damit quasi einen Kondensator mit der Kapazität C.

Induktive und kapazitive Effekte sind also bei jedem Leiter vorhanden und bilden ein LC-Netzwerk, das als Filter fungiert.

Die Impedanz Z0 einer Leitung ist eine Funktion dieser Induktivitäts- und Kapazitätsbeläge. Höhere Induktivitäten und geringere Kapazitäten führen also zu höheren Impedanzen:

Z0  = ( L / C ) 1/2

Um Signale möglichst verlustfrei durch einen Leiter zu führen, ist die Impedanz von Kabeln, Steckern und eben auch Leitern auf und in Leiterplatten entsprechend der spezifizierten Aus- und Eingangsimpedanzen der beteiligten aktiven HF-Bauelemente auszuwählen.

Welche typischen Impedanzwerte gibt es - und warum?

Aufbau und Größe von Leitern und deren isolierende Umgebung bestimmen deren Impedanz. Weite Leitungsabstände mit geringer kapazitiven Kopplung weisen hohe Impedanzen auf, wie am Beispiel historischer Telegrafenleitungen zu sehen ist. Deutlich niedriger sind die Werte in der Mikroelektronik.

Physikalisch gesehen gibt es bei einer Impedanz von 30 Ω ein Optimum bezüglich der Übertragung höherer Leistungen. Bei einer Impedanz von 75 Ω hingegen ist die Signaldämpfung am geringsten. Um beide Aspekte zu berücksichtigen, bildeten sich die 50 Ohm als Kompromiss heraus, ein Impedanzwert, der heute am weitesten verbreitet ist. Für differenzielle Signale hat sich der verdoppelte Wert etabliert. Darüber hinaus gibt es ein paar abweichende Spezifikationen. Für USB-Schnittstellen wurden beispielsweise die Impedanzwerte aufgrund wirtschaftlicher Strukturen bei Leiterplatten und Steckern auf 90 Ohm reduziert.

25 Ω
Breitbandtransformatoren
30 Ω
Koax-Kabel für höhere Leistungen
50 Ω
Häufigste Impedanz für allgemeine Anwendungen und Übertragung. Kompromiss aus hoher Leistung (30Ω) und niedriger Dämpfung (75Ω)
60 Ω
Hochvolt-Anwendungen, früher Kabel-TV
75 Ω
Video, TV und VHF Empfänger, digital Audio (geringste Dämpfung)
90 Ω diff
USB, +-15%
100 Ω diff
LAN (CAT5/6/7 UTP), SATA
110 Ω diff
AES/EBU digital Audio
120 Ω diff
ISDN, ADSL, E1 und T1, RS-485
150 Ω diff
IBM STP-A (bis 1985)
300 Ω diff
Flachbandkabel Zweidrahtleitung für TV-, Radio- und Funkantennen
600 Ω diff
Historische Telegrafenleitungen, Telefon

In Leiterplatten lassen sich Impedanzen durch geeignete FEM-Simulationsprogramme berechnen. Folgende vier Parameter sind grundsätzlich zu berücksichtigen:

  • Leiterbreiten
  • Leiterhöhen
  • Isolationsabstände
  • Dielektrizitätszahlen εr

Für den Entwurf von Impedanzschaltungen lassen sich die Dielektrizitätszahl εr und die Kupferstärke t meist nur geringfügig ändern und üben zudem nur einen eher geringeren Einfluss auf die Impedanz aus. Somit zählen die Leiterbreiten w und Isolationsabstände h als wesentliche Parameter.

In Bezug auf die Leiterbreiten gilt: Je geringer der Isolationsabstand, desto feinere Leiter werden möglich. Dadurch verbessert sich bei differenziellen Signalen auch die kapazitive Kopplung und der störende Einfluss von Magnet- oder elektrischen Feldern wird verringert.

Feinere Strukturen haben jedoch auch ihre Grenzen: Zum einen erhöhen sich ohmsche Verluste, zum anderen steigen die relativen Toleranzen der Leiterbreiten, und damit auch die Toleranz der Impedanzen.

In der Regel sind sinnvolle Leiterbreiten und -abstände

  • mindestens 125 µm auf Außenlagen,
  • mindestens 100 µm auf Innenlagen,

um maximale Impedanzabweichungen von 10% wirtschaftlich gewährleisten zu können.

Auch flexible Leiterplatten können Impedanzleitungen führen. Dazu wird fast ausschließlich die Referenzebene gerastert ausgeführt. Dies ist notwendig, um zum einen die Flexibilität des Folienleiters zu erhalten, zum anderen bewirkt die Rasterung eine Reduktion der Kupferfläche, wodurch – bei gleicher Impedanz – der Isolationsabstand verringert werden kann. Dies ist ebenfalls vorteilhaft für eine gute Flexibilität.

Beispiel für eine von Andus hergestellte flexible Leiterplatte mit Impedanzleitungen
  • 10 Meter ultra-langer Flex-Verbinder
  • 70 µm Kupfer für geringe ohmsche Verluste
  • Differenzielle 100 Ohm über gerasterter Referenzlagen
  • Rolle-zu-Rolle Fertigung
  • Anwendung in einer Großforschungsanlage für die Neutrino-Detektion

Signalintegrität in der Digitaltechnik: Die Dämpfung

Neben der Impedanz spielt für eine gute Signalintegrität die Dämpfung des Signals durch das Material eine wesentliche Rolle. Jedes dielektrische Material lässt sich durch Anlegen eines elektrischen Feldes polarisieren. Das bedeutet, Ladungen in dem Material verschieben sich und richten sich entsprechend der Feldlinien aus. Diese Ladungsverschiebung ist mit Reibungsverlusten verbunden, die in dielektrischen Verlusten sichtbar werden. Die in Wärme umgewandelte Energie wird aus der Energie des Signals gezogen, welches daraufhin gedämpft am Empfänger ankommt.

Die Dämpfung ist stark vom Material abhängig und wird über den Verlustfaktor tan δ angegeben. Für FR4 liegt dieser um etwa eine Größenordnung höher als für PTFE-basierte Materialien.

Bei der Entwicklung von Hochfrequenz-Materialien sind folgende Tendenzen zu beobachten:

Da reines PTFE ohne weitere Füllstoffe nicht dimensionsstabil ist, wird die Polymermatrix mit Mikroglasfasern, Keramikpulvern und/oder Glasgeweben gefüllt. Daneben können solche Substrate mit anderen Polymeren kombiniert werden, um besser verarbeitbar zu sein.

Je homogener und je verlustärmer die Materialien sind, desto teurer sind sie. Während FR4 ein eher günstiges Material ist, sind Substrate auf Basis von PTFE um Größenordnungen teurer. Deshalb haben sich mehrere Alternativen zu PTFE Materialien entwickelt:

  • Modifiziertes FR4: durch Beimischung andere Polymere, Füllstoffe und einer höheren Vernetzung des Epoxid-Harzes kann FR4 so modifiziert werden, dass der Verlustfaktor dem einiger PTFE Substrate nahe kommt.
  • Ersatz des Epoxidhartes durch alternative Polymere: Hier sind vor allem die Polymere auf Basis von IR oder PPE zu nennen. Aber auch flexible Substrate auf Basis von PI (Polyimid), PEN oder PET sind deutlich besser hochfrequenztauglich als herkömmliches FR4.

Signalintegrität in der Digitaltechnik: Der Skin-Effekt

Ein dritter Punkt im Zusammenhang mit der störungsfreien Signalübertragung ist der sogenannte Skin-Effekt. Dieser Effekt beschreibt das Phänomen, dass die Ladungsträger sich umso weiter außen im Querschnitt eines Leiters bewegen, je höher die Frequenz der Signale ist.

Auf Leiter in Leiterplatten hat dies besondere Auswirkungen. Aufgrund des rauen Treatments auf der Unterseite der Leiter legt der oberflächennahe Strom dort eine längere Wegstrecke zurück als der Strom auf der glatten Oberseite. Die unterschiedliche Laufzeit der Signale führt zu einer Verzerrung und Dämpfung. Daher werden für Hochfrequenzanwendungen sogenannte Low-Profile-Kupferfolien eingesetzt, bei denen das Treatment deutlich reduziert ist. Noch glattere Leiter-Unterseiten erhält man, wenn die produktionstechnisch bedingt glattere Kupferseite mit dem Low-Profile-Treatment aufgeraut wird. Für Standard-Anwendungen wird sonst üblicherweise die rauere Seite von Kupferfolien getreatet.

Drahtlose Kommunikationstechnik

In der Digitaltechnik können Signalverzerrungen und -dämpfungen in der Regel durch entsprechende Filter und Verstärker hinter den Eingängen der Empfänger nivelliert werden, so dass keine digitale Information verloren geht. Anders verhält es sich bei analogen Signalen in der Funk- und Übertragungstechnik. Hier müssen die Komponenten höhere Anforderungen erfüllen. Leiterplatten werden häufiger in höherwertigen PTFE-Sorten oder deren Alternativen gefertigt. Zudem sind engere Maßtoleranzen bei der Leiterbildstrukturierung notwendig als für impedanzkontrollierte Leiterplatten.

Die folgenden fünf Beispiele sollen aktuelle Anwendungen in der drahtlosen Kommunikationstechnik transparent machen:

1. Phased Array Radar Antenne

Anstelle der herkömmlichen sich drehenden Radarbalken werden Lufträume heute über statische zweidimensional auflösende Radar-Antennen überwacht. Die Unterscheidung der Richtung, aus der die Signale reflektiert werden, erfolgt durch die zeitliche Auflösung der Signale auf dem Array. Je kleiner der Einfallwinkel ist, desto höher ist die Zeitdifferenz der Signale, die an den verschiedenen Antennen-Patches ankommen. Typische Substratmaterialien für Patchantennen sind verschiedene PTFE-Alternativen.

2. Wendelantenne

Zylinderförmige Antennen mit spiralförmigen Leitern als Antennendipole haben eine ausgeprägte Richtwirkung. Neben dem Begriff Wendelantenne hat sich auch Helixantenne etabliert. Diese Richtantennen können auf Basis von Polyimid-Folien wirtschaftlich aufgebaut werden.

Für diese Antennen sind mehrere Varianten entwickelt worden:

  • Die Anschlüsse können je nach Verbindungstechnik zur Basisplatine mit Pins oder SMD-Lötflächen hergestellt werden.
  • Ein Abschluss des Zylinders mit einem ringförmigen Deckel mit Dipolabschlüssen ist möglich
  • Die Breite und die Richtung der Streifen können innerhalb einer variieren, um zusätzliche Effekte zu erzielen.
  • Mehrere Wendelantennen lassen sich in Reihe oder in einem flachen Array parallel anordnen.

3. Apertur gekoppelte MIMO und Phased-Array Patch Antenne

Die früher aus mehreren Einzelebenen aufgebaute Leiterplatte wird komplett in Leiterplattentechnik als ein Teil gefertigt. Sie besteht aus einem Radom mit den Patches, einem Array von zwei senkrecht aufeinander stehenden Kopplern für die MIMO-Funktion sowie dem Einspeisenetzwerk auf einem PTFE-basierten HF-Substrat. Die Abstände werden durch einen Stack aus hochfrequenztauglichen Spezialpolymeren realisiert.

4. Leistungsverstärker auf TX/RX-Boards

ANDUS nimmt aktuell an einem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt im Rahmen des Luftfahrtforschungsprogramm (LuFo) teil und entwickelt kompakte Radarsysteme auf Leiterplattenbasis, die Sende- und Empfangseinheiten sowie deren Signalaufbereitung und ‑verstärkung in einem Modul vereinen. Die Herausforderungen an die Kühlung der kompakten RF-Bauelemente mit hoher Verlustleistungsdichte werden durch die Kombination von HF-Substraten mit Kupferinlays gelöst.

5. Leistungsverstärker für THz-Sender

Im Gegensatz zur Funktechnik bis in den GHz-Bereich sind die Antennen für THz-Anwendungen so klein, dass sie nicht mehr wirtschaftlich in Leiterplattentechnik gefertigt werden können. Die Antennen werden in Halbleitertechnik gefertigt und sind Teil entsprechender Bauelemente, die gleichzeitig die Verstärkung und Aufbereitung der Signale übernehmen.

Aufgrund der geringen Größe der Bauelemente ist gerade bei höherer Sendeleistung auch die Verlustleistungsdichte entsprechend hoch. Spezielle Heatsink-Konstruktionen kommen hierbei zum Einsatz, die die Wärme direkt von den Bauteilen in massives Kupfer ableiten. Die Zuleitung der Signale erfolgt über Ebenen von Hochfrequenzmaterial auf PTFE-Basis, die an die Heatsink-Plateaus für die Chips angepasst sind.

Fazit

Der Trend zu höheren Frequenzen und die Ausweitung der Hochfrequenzanwendungen schreitet weiter fort. Das führt auch künftig dazu, dass neue Konstruktionen und Designs für HF-Systeme entwickelt werden. Wie an den Beispielen gezeigt, lohnt es sich, neue Ideen auf Machbarkeit zu prüfen und damit den Weg für effiziente und schließlich erfolgreiche Systeme zu ebnen.

Diesen Artikel können Sie auch auf all-electronics.de finden